Dabbawalas: Effizienz oder Chaos?

Foodora, Lieferando, Mjam, Deliveroo: Essenslieferdienste boomen, und hastende Fahrrad- und Rollerfahrer in charakteristischer Kleidung sind aus den Straßen unserer Städte nicht mehr wegzudenken. Für viele gehört es mittlerweile zum Alltag, den Kochlöffel liegen zu lassen und sich bequem beliefern zu lassen.

In Indien, insbesondere im Großraum Mumbai, dem ehemaligen Bombay, hat dies jedoch Tradition. Seit 130 Jahren existiert hier das System der Dabbawalas. Übersetzt bedeutet Dabbawala so viel wie "der, der die Box trägt". »Dabbas«, hierzulande als Henkelmann bekannt, bezeichnen mehrstufige Essensbehälter aus Blech oder Edelstahl. © melissamn, Shutterstock

Dabbawalas sind die ikonischen Essensauslieferer Mumbais. Auf ihrer täglichen Reise durch das Gewirr der Megacity legen sie bis zu 70 km zurück. Erkennbar sind sie an ihrer weißen Kleidung, den weißen Hüten und den oft voll beladenen Handkarren oder Fahrrädern – Frauen sind dabei nicht vertreten. Die mit (hausgemachtem) Essen gefüllten Edelstahlbehälter werden auf Fahrrädern, Köpfen, Bussen, Zügen, Motorrollern und zu Fuß transportiert. In Mumbai gibt es ca. 5.000 von ihnen – täglich liefern sie rund 200.000 Mahlzeiten aus. Die Abnehmer sind häufig Geschäftsmänner, die Auftraggeber Ehefrauen, andere Familienangehörige oder eine vertrauenswürdige Großküche. Das Erstaunliche: Obwohl viel herumgereicht wird und die Boxen für fremde Augen identisch aussehen, geht nur etwa eine von 16 Mio. Dosen verloren. Das Dabbawala-System ist ein hocheffizientes Kommunikations- und Liefersystem, das auf Farb-, Zahlen- und Buchstabencodes basiert und in der westlichen Managementsprache als ausgeklügeltes Supply Chain Management bezeichnet werden könnte.

Obwohl die meisten Dabbawalas Analphabeten sind, sind sie in ihrem Tun hochspezialisiert – das System gilt als eines der effizientesten Logistiksysteme weltweit. Pünktlich und zuverlässig seit dem 19. Jahrhundert.

Filmtipp: Lunchbox (2013) – Ein feinfühliger indischer Spielfilm mit Irrfan Khan und Nimrat Kaur in den Hauptrollen. Der Film, der 2013 in Cannes Weltpremiere feierte, erzählt die berührende Geschichte einer zufälligen Verbindung zweier Fremder über das Dabbawala-System.