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Malediven

Hoffnung unter Wasser

Taucher erkundet unter Wasser ein buntes Korallenriff© Jag_cz, Shutterstock · Korallenriffe sind nicht nur unter Wasser von existenzieller Bedeutung

Die Malediven kämpfen ums Überleben: Korallenbleiche, ein steigender Meeresspiegel und nachhaltiger Tourismus stehen im Fokus von innovativen Projekten

Lea Katharina Nagel, vom 20.11.2024

Die Bedrohung der Korallenriffe

Die Malediven, das Archipel im Indischen Ozean, das für paradiesische Atolle und lebendige Korallenriffe bekannt ist, steht vor einer existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel: 2016 bilanzierte ein Expertenteam, dass mehr als 60% der beheimateten Korallenriffe bereits unter schweren Bleichereignissen gelitten haben. Stellenweise seien es sogar 90% – ein direktes Ergebnis steigender Meerestemperaturen. Die sonst durch ihre Farbpracht beeindruckenden Lebewesen verlieren dadurch an Farbe, Vitalität und weisen ein stark erhöhtes Sterberisiko auf. Tote und schwache Riffe können dann nicht mehr als Lebensraum für andere Fische oder Meerestiere dienen, das sensible Ökosystem und die lokale Biodiversität sind bedroht und ihre Funktion als natürliche Barriere gegen Sturmwellen der Küstengebiete geht verloren.

Hoffnung durch Innovation

Aber es gibt Hoffnung, und diese findet sich in innovativen Bemühungen von Projekten wie Reefscapers, Mit Hingabe und wissenschaftlichem Know-How hat die Organisation den Kampf gegen die Zerstörung der Riffe aufgenommen. Gleichzeitig erwacht auf den Malediven ein neues Bewusstsein für nachhaltigen Tourismus, das eng mit dem Schicksal der Korallenriffe verknüpft ist.

Denn hier, an den immer weißen Stränden mit kristallklarem türkisfarbenem Wasser, wo der Tourismus eine der wichtigsten Einkommensquellen darstellt, hat der Klimawandel nicht nur ökologische, sondern auch massive wirtschaftliche und damit soziale Auswirkungen; jedes Jahr zieht die Schönheit der Unterwasserwelt Tausende von Tauchern und Schnorchlern an. Doch das Ökosystem, das einerseits so entscheidend für die Attraktivität der Malediven und anderseits Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung ist, steht auf dem Spiel. Hier setzen Organisationen wie Reefscapers an, die nicht nur den Umweltschutz im Blick haben, sondern auch die nachhaltige Entwicklung des Tourismus.

Reefscapers' Weg begann im Jahr 2000, als der Franzose Thomas Le Berre zusammen mit seiner maledivischen Frau Marie Saleem Seamarc gründete, um Umweltaudits in den Malediven durchzuführen. Beide teilten eine tiefe Leidenschaft für den marinen Lebensraum und erkannten schnell die dringende Notwendigkeit, im Bereich des Korallenschutzes aktiv zu werden. 2006 markierte einen Wendepunkt in ihrer Mission, als sie mit der Luxushotel- und Resortkette Four Seasons eine Partnerschaft eingingen, um auf den Inseln Landaa Giraavaru und Kuda Huraa Korallenvermehrungsprogramme zu starten. Diese Initiative führte schließlich zur Umbenennung von Seamarc in Reefscapers, was die zunehmende Fokussierung auf die Korallenrestauration unterstreichen sollte. Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Geschichte von Reefscapers wurde 2020 erreicht, als das Team in Kooperation mit dem Sheraton Maldives und der maledivischen Regierung in zwei Monaten unablässiger Arbeit die vermutlich größte künstliche Korallenstruktur in den Malediven schuf.

Nachhaltiger Tourismus & staatliche Bemühungen

Möglich gemacht durch eine innovative Korallenrahmentechnik, die von Gründer Le Berre entwickelt wurde, ist es aktuell einer der leuchtenden Beispiele für die Verbindung von Umweltschutz und Tourismus. Die bislang über 8.000 platzierten Korallenrahmen dienen nicht nur der Wiederherstellung der Riffe, sondern sind auch ein Anziehungspunkt für umweltbewusste Touristen: Denn die Organisation und Resorts, die sich an den Bemühungen zur Rettung der Korallenriffe beteiligen, bieten Gästen die Möglichkeit, sich direkt in die Umweltschutzprojekte einzubringen. Angeboten werden u.a. die Adoption einer Koralle, die Finanzierung eines Korallenrahmens oder vermittelnde Bildungsprogramme für Touristen und Einheimische. Rahmen zur Aufzucht von Korallen unter Wasser auf den Malediven© Fareem Mohamed, Shutterstock Auch die Regierung der Malediven erkennt die Bedeutung von nachhaltigem Tourismus für das Land an und hat in den letzten Jahren verstärkt Maßnahmen ergriffen, um den Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu fördern. Dazu zählt die Unterzeichnung des Global Cooling Pledge auf der auf der UN-Klimakonferenz 2023 in Dubai – einer Initiative zur Förderung energieeffizienter und nachhaltiger Kühlmethoden. Zudem hat sie Einfuhrzölle auf Plastiktüten eingeführt und eine Öko-Abgabe pro Nacht und Gast zur Finanzierung von Umweltschutzprojekten etabliert. Im Rahmen dieser Bemühungen wurde auch ein umfassendes gesetzliches Verbot von Plastikflaschen und Einwegkunststoffen bis 2025 durchgesetzt. Das Ziel: Die weitreichende Meeresverschmutzung durch Abfälle soll bekämpft werden. Darüber hinaus ist das Ziel, das Land bis 2030 kohlenstoffneutral zu gestalten, ein entscheidender Bestandteil der staatlichen Umweltstrategie. Drei Mülleimer aus natürlichen Materialen an eine Strand der Malediven zur Hervorhebung der Mülltrennung und Nachhaltigkeit © Tikhonova_Marina, Shutterstock

Hoffnung oder Verzweiflung?

Die Erfolgsgeschichte von Reefscapers und die zunehmende Integration von Umweltschutzmaßnahmen in den Tourismussektor, sind ein Hoffnungsschimmer für das Überleben der Malediven. Als flachstes Land der Erde und einer Lage der rund 1200 Inseln nur knapp über dem Meeresspiegel - mit der höchsten Erhebung von 2,4m - ist nicht nur die Unterwasserwelt gefährdet: Durch die Zunahme von klimabedingten Stürmen und Sturmfluten und der Konfrontation mit Phänomenen wie El Niño ist das Archipel laufend bedroht. Die wellenbrechende Schutzfunktion der Korallenriffe lässt das umso wichtiger werden. Doch die Malediven zählen im asiatischen Raum zu den Vorreitern für einen Tourismus, der nachhaltig, kreativ und bewusstseinsbildend ist.

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